Markenrecht: Kennzeichnungskraft von Vornamen als Modellbezeichnung für Bekleidung

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.11.2014 – 6 U 239/13 “SAM” –

Als Modellbezeichnungen für Kleidungsstücke werden in Katalogen oder Online-Shops der Einfachheit halber häufig Vornamen verwendet. Aus markenrechtlicher Sicht stellt sich dann – zunächst bei Anmeldung des Namens als Marke – die Frage, ob der Vorname über eine ausreichende Unterscheidungskraft verfügt, um als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen. Die Praxis und Rechtsprechung hierzu ist recht uneinheitlich, i.d.R. kommt es darauf an, ob es sich um einen gewöhnlichen, häufig vorkommenden Vornamen handelt oder nicht. In dem vom OLG Frankfurt a. M. entschiedenen Fall war die Klägerin allerdings bereits Inhaberin der für Bekleidung geschützten deutschen Wortmarke “SAM” und ging aus dieser Marke gegen die Verwendung des Zeichens “ZADIG & VOLTAIRE SAM CREME” für Bekleidung vor, wobei es sich bei dem Bestandteil “ZADIG & VOLTAIRE” um den Namen des französischen Mode-Labels handelt.

Das OLG Frankfurt a. M. bestätigte die einstweilige Verfügung, da in dieser Art der Verwendung eine Verletzung der Marke “SAM” liege. Der Verkehr werde die Bezeichnung “ZADIG & VOLTAIRE” nur als Hinweis auf das Herstellerunternehmen (im Sinne einer Erstmarke) und die Bezeichnung “SAM” als Zweitmarke zur Kennzeichnung des Produkts auffassen, wobei der Bestandteil “CREME” nur die Farbe des Kleidungsstücks beschreibe. Angesichts der Praxis, Bekleidungsstücke insbesondere in Katalogen oder Online-Shops neben dem Namen der Herstellerin und einem Bestellzeichen auch mit einem Vornamen zu versehen, stellte sich dann die Frage, ob der Verkehr die Bezeichnung “SAM” im angegriffenen Zeichen auch tatsächlich im Sinne einer Marke, also als betrieblichen Herkunftshinweises verstehe, oder nicht vielmehr als einfaches Bestellzeichen, das nur der Individualisierung des einzelnen Kleidungsstücks gegenüber den anderen angebotenen Kleidungsstücken diene.

In älteren Entscheidungen sah der BGH darin eine Verwendung als einfaches Bestellzeichen, wenn es sich um einen gebräuchlichen Vornamen (etwa “Gaby” für Damenschuhe) im Rahmen eines “branchenüblichen Bestellzeichensystems” handle. Im vorliegenden Fall war der Online-Shop der Beklagten allerdings nicht über ein solches Bestellsystem organisiert, sodass das OLG Frankfurt a. M. eine Verletzung bejahte. Der Begriff “SAM” sei für Bekleidung nicht beschreibend und daher durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Demgemäß werde der Verkehr darin eine markenmäßige Verwendung durch die Beklagte erblicken (wobei es für die Verletzung unerheblich war, dass die geschützte ältere Marke bisher nur für Waren im Niedrigpreissegment benutzt worden war, während das angegriffene Zeichen für Waren im Luxussegment verwendet wurde).

Praxistipp

Wer einzelne Bekleidungsstücke in einem Katalog oder Online-Shop mit einem Vornamen bewirbt, sollte unbedingt zumindest klären lassen, ob eine Recherche nach älteren Marken erforderlich ist. Bei Verwendung einer Vielzahl üblicher Vornamen in einem speziell danach ausgerichteten Bestellsystem kann in Anbetracht der bisherigen BGH-Rechtsprechung im Einzelfall ein Verzicht auf Markenrecherchen unternehmerisch (finanziell) vertretbar sein. Allerdings hat man sich dann des Risikos einer möglichen Verletzung von Marken Dritter (und daraus resultierender Abmahnungen auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz) bewusst zu sein. Grundsätzlich sind auch in solchen Konstellationen daher zumindest kursorische Markenrecherchen zu empfehlen. Erst recht ist eine Recherche erforderlich, wenn der Name klar markenmäßig verwendet wird, etwa auf einem Etikett am Kleidungsstück angebracht ist.