Werktitelschutz: Name einer Veranstaltungsreihe

Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.07.2016 – 5 U 36/15 – „Casual Concerts“ –

Im Streitfall ging es um die Verwendung der Bezeichnung „Casual Concerts“ für eine Veranstaltungsreihe mit klassischen Konzerten. Da die Antragstellerin über keine eingetragene Marke verfügte und hieran auch kein Recht als Unternehmenskennzeichen in Betracht kam, stützte sie ihren Unterlassungsanspruch auf ein Werktitelrecht (§ 5 Abs. 3 MarkenG).

Demgegenüber vertrat die Antragsgegnerin die Auffassung, dass es sich bei dieser Konzertreihe (den „Casual Concerts“) nur um eine Dienstleistung und kein „Werk“ handle, da die Konzertreihe selbst keinen Werkcharakter habe.

Das Landgericht Berlin folgte der Auffassung der Antragsgegnerin und hob die zunächst erlassene einstweilige Verfügung wieder auf. Die Berufung der Antragstellerin hatte jedoch Erfolg: das Kammergericht Berlin bejahte einen Unterlassungsanspruch auf der Grundlage eines Werktitelschutzes.

Der kennzeichenrechtliche Werkbegriff im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG ist gegenüber dem urheberrechtlichen Werkbegriff eigenständig. Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne können hiernach „alle immateriellen Arbeitsergebnisse“ sein, die „als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind“, um sie von anderen Leistungen geistiger Art unterscheiden zu können. Verneint hat der BGH dies bei gewöhnlichen Konzertveranstaltungen ohne besondere programmatische Besonderheit. Dem Namen „Festival Europäischer Musik“ etwa hat der BGH einen Charakter als Werktitel abgesprochen.

Hingegen wurde schon in der bisherigen Rechtsprechung z.B. die abendliche Aufführung von Ausschnitten aus verschiedenen Musicals in einer Bühnenshow (OLG Köln), die jährlich wiederkehrende Durchführung eines mehrtägigen Open-Air-Musikfestivals mit Campingmöglichkeit (OLG Koblenz, „Rock am Ring“) oder die regelmäßig wiederkehrende Verleihung eines Architekturpreises (OLG Stuttgart, „Balthasar-Neumann-Preis“) als titelschutzfähig angesehen.

Auch im vorliegenden Fall bejahte das Kammergericht Berlin – anders als noch die Vorinstanz – die Titelschutzfähigkeit der Konzertreihe „Casual Concerts“, da deren besondere Art und Weise der Ausgestaltung und Ausrichtung ihr einen individuellen gedanklichen Inhalt gebe. Es bestehe daher ein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, ihre Veranstaltungen titelmäßig von anderen zu unterscheiden.

Das Kammergericht Berlin bejahte auch eine ausreichende (titelmäßige) Kennzeichnungskraft der Bezeichnung „Casual Concerts“, da dieser Titel geeignet sei, diese Konzertreihe von anderen zu unterscheiden. Anders als von der Antragsgegnerin vorgetragen, erschöpfe sich diese Bezeichnung nicht in einer reinen Inhaltsbeschreibung der Konzertreihe. Den Nachweis, dass sich der Titel „Casual Concerts“ zu einer bloßen Gattungsbezeichnung entwickelt habe, konnte die Antragsgegnerin nicht erbringen. Im Übrigen spreche bereits die Verwendung der englischen Sprache für eine Bezeichnung, die über eine rein beschreibende Angabe hinausgehe, zumal der angesprochene Verkehr bei Musikveranstaltungen an Kennzeichnungen mit einem weitgehend beschreibenden und der englischen Sprache entnommenen Inhalt gewöhnt sei.

Im Ergebnis bejahte das Gericht damit wegen der Werkidentität (klassische Konzerte in einem jungen Ambiente) und weitgehend identischer Werktitel trotz der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Bezeichnung „Casual Concerts“ eine unmittelbare Verwechslungsgefahr.

Hinweis:

Die Antragsgegnerin hatte als Argument gegen eine Verletzung des Werktitels desweiteren noch auf eine Zurückweisung der Marke „Casual Concerts“ durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) wegen fehlender Unterscheidungskraft hingewiesen. Zu Recht maß das Gericht diesem Argument jedoch keine  Bedeutung zu, da die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft einer Marke (deutlich) höher sind als bei einem Titelschutz. Denn bei letzterem geht es nur um die unmittelbare Unterscheidung eines Werks von einem anderen, während eine eigetragene Marke als betrieblicher Herkunftshinweis der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dient. Auch ist der Schutzumfang einer Marke in der Regel weiter als der eines Werktitels. Dies rechtfertigt bei einer Marke auch entsprechend höhere Anforderungen an die Schutzfähigkeit.

Werktitelrecht: Verletzung eines bekannten Buchtitels

OLG Köln, Urteil vom 05.12.2014 – 6 U 100/14 „Ich bin dann mal weg“ –

In einem einstweiligen Verfügungsverfahren sah die Verlegerin des im Jahre 2006 erschienen Bestsellers „Ich bin dann mal weg“ des Autors Hape Kerkeling die ihr zustehenden Rechte am Werktitel (§ 5 Abs. 3 MarkenG) durch die Antragsgegnerin verletzt, die auf ihren Reiseportalen weg.de und ferien.de mit dem Slogan „ich bin dann mal weg.de“ warb. Wie schon das LG Köln in erster Instanz sah auch das OLG Köln darin eine Titelverletzung und bestätigte damit die einstweilige Verfügung. Werktitelrecht: Verletzung eines bekannten Buchtitels weiterlesen

Marken-, Titel- und Domainrecht: Verletzung eines Zeitschriftentitels und einer Wort-Bildmarke durch die Bezeichnung eines Onlineportals

OLG Köln, Urteil vom 24.10.2014 – 6 U 211/13 „Kinderstube“ (nicht rechtskräftig)

Eine Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht nochmals die unterschiedlichen Voraussetzungen für eine Titel- und eine Markenverletzung. Die Klägerin gibt seit 2009 unter dem Titel „Kinderstube“ eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift zum Thema Gesundheitserziehung heraus. Marken-, Titel- und Domainrecht: Verletzung eines Zeitschriftentitels und einer Wort-Bildmarke durch die Bezeichnung eines Onlineportals weiterlesen