Markenrecht: Bösgläubige Markenanmeldung bei älterer Geschäftsbezeichnung

BGH, Beschluss vom 15.10.2015 – I ZB 44/14 „Liquidrom“ –

Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag gelöscht, wenn diese Marke bösgläubig angemeldet worden ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 i.V.m. § 50 Abs. 1 MarkenG). Eine bösgläubige Markenanmeldung kann vorliegen, wenn der Anmelder weiß, dass ein Dritter dasselbe Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und es das Ziel des Anmelders war, die Benutzung der Marke durch den Dritten ohne sachlichen Grund zu stören, insbesondere ohne eine eigene Benutzungsabsicht zu haben.

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein derartiger kennzeichenrechtlicher Besitzstand, den der Markenanmelder zu stören beabsichtigt, deutschlandweit vorzuliegen hat, oder ob zur Annahme von Bösgläubigkeit ausreicht, wenn das ältere Recht – bzw. die Vorbenutzung – lediglich regional beschränkt gegeben ist.

Die Anmelderin hatte sich die deutsche Marke „Liquidrom“ schützen lassen, obgleich sie wusste, dass unter dieser Bezeichnung ein entsprechender Wellness- und Gastronomiebetrieb in Berlin von einer Wettbewerberin wiedereröffnet werden sollte. Gegen die Markeneintragung beantragte die neue Betreiberin des „Liquidrom“ die Löschung mit der Begründung, die Marke sei böswillig zu wettbewerbswidrigen Sperrzwecken angemeldet worden.

Während das DPMA die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit angeordnet hat, was vom Bundespatentgericht bestätigt wurde, verneinte der BGH den Tatbestand der bösgläubigen Markenanmeldung. Denn die bisher nur in Berlin benutzte (und von der neuen Betreiberin erworbene) geschäftliche Bezeichnung „Liquidrom“ genieße als besondere geschäftliche Bezeichnung nur einen räumlich auf Berlin beschränkten Schutz. Dies rechtfertigt aber nach Ansicht des BGH nicht die Löschung einer Marke, die Schutz für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beanspruche.

Fazit

Der Sachverhalt betrifft eine nicht ganz seltene Konstellation. Die „bösgläubige“ Anmelderin bzw. deren Unternehmen hatte die geschäftliche Bezeichnung „Liquidrom“ selbst seit 2001 benutzt, war dann jedoch in Insolvenz gefallen. Die neue Inhaberin hatte das Geschäft samt Geschäftsbezeichnung vom Insolvenzverwalter erworben. Nachdem sich die frühere Betreiberin erfolglos um den neuen Pachtvertrag beworben hatte, meldete sie die Marke an.

Trotz dieser Entscheidung ist der neue Betreiber innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs seiner geschäftlichen Bezeichnung gegenüber der Markeninhaberin natürlich nicht schutzlos. Zum einen kann die Markeninhaberin der neuen Betreiberin die Benutzung der geschäftlichen Bezeichnung im bisherigen räumlichen Geltungsbereich nicht untersagen, zum anderen könnte umgekehrt jedoch die neue Betreiberin der Markeninhaberin die Benutzung der böswillig angemeldeten Marke im räumlichen Geltungsbereich der geschäftlichen Bezeichnung untersagen.

Internetrecht: Haftung für Hyperlink

BGH, Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 74/14 „Hyperlink“

Wann haftet man für das Setzen eines Hyperlinks auf eine fremde Internetseite? Der Beklagte, ein Facharzt für Orthopädie, hatte auf seiner Internetseite einen Link zur Startseite eines Forschungsverbandes gesetzt, um den Besuchern seiner Seite, so sein Hinweis, „weitere Informationen über die Studienlage“ zu einer bestimmten Akkupunktur-Behandlung zu geben. Einige Unterseiten dieses verlinkten Internetauftritts des Forschungsverbandes enthielten jedoch irreführende Angaben. Nach Abmahnung durch einen Interessenverband entfernte der Beklagte den Link von seiner Internetseite, gab jedoch keine Unterlassungserklärung ab.

Während das Landgericht den beklagten Arzt zur Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt hat, wies das OLG Köln die Klage des Verbandes ab, was nunmehr auch der BGH bestätigt hat.

Der Beklagte hat sich, so der BGH, die Inhalte der fremden Seite „nicht in einer Weise zu Eigen gemacht, dass der Verkehr Sie ihm zurechnet“: Der Link war nicht wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des Beklagten, auch wurde auf der fremden Seite nicht für die Produkte des Beklagten geworben, und schließlich war der Link auch nicht redaktionell so eingebettet, dass die (irreführenden) Inhalte des Links zum Bestandteil auch seiner Internetseite geworden währen.

Zudem hatte der Beklagte keine wettbewerbsrechtlichen Prüfungspflichten verletzt. Hierbei gilt: Wer im Rahmen der Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen Hyperlinks auf fremde Internetseiten setzt, unterliegt in der Regel keinen „proaktiven“ Überwachungspflichten hinsichtlich der verlinkten Inhalte. Sofern ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar ist, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte in der Regel erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte (etwa im Rahmen einer Abmahnung) Kenntnis erlangt.

Nach Kenntniserlangung liegt allerdings das Risiko der rechtlichen Beurteilung, ob der über den Hyperlink erreichbare fremde Internetauftritt rechtswidrig ist oder nicht, dann bei demjenigen, der den Link gesetzt hat. Anders als die Rechtsprechung zu Internet-Marktplätzen oder File-Hosting-Diensten ist der Unternehmer, der auf die (vermeintliche) Rechtsverletzung auf der verlinkten Internetseite hingewiesen wurde, zur umfassenden Prüfung verpflichtet, ohne dass es dann darauf ankommt, ob die Rechtsverletzung „klar erkennbar“ ist.

Fazit

Wer einen Link auf eine fremde Internetseite setzt, ohne den Eindruck zu erwecken, sich den fremden Inhalt zu Eigen zu machen, haftet erst dann, wenn er auf die Rechtswidrigkeit des Inhalts hingewiesen worden ist. Ob und inwieweit dies auch für sog. Deeplinks gilt, mit denen nicht nur auf eine Startseite, sondern unmittelbar zu dem (irreführenden) Inhalt verlinkt wird, hat der BGH -wohl- offen gelassen. Im Zweifel empfiehlt sich daher, nur eine Verlinkung auf die Startseite vorzunehmen. Sollte tatsächlich eine Rechtsverletzung gegeben sein, genügt dann die Löschung des Links.

Markenrecht, Firmenname: Schutzumfang eines Unternehmenskennzeichens

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.05.2015 – 6 U 39/14 „Neuro-Spine-Center“ –

In diesem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall, dem eine Standard-Konstellation zu Grunde liegt, geht es um das häufig anzutreffende Problem, wie der Schutzumfang  einer Marke bzw. einer geschäftlichen Bezeichnung zu bestimmen ist, wenn das jeweilige Kennzeichen beschreibend ist. Die Parteien sind Fachärzte für Neurochirurgie und streiten um kennzeichnungsrechtliche Unterlassungsansprüche. Markenrecht, Firmenname: Schutzumfang eines Unternehmenskennzeichens weiterlesen

Markenrecht: Kein Freihaltebedürfnis für bekannte Ortsangabe aus Kinderbuch

BPatG, Beschluss vom 27.01.2015 – 27 W (pat) 5/14 „Lönneberga“ –

Nach dem Markengesetz können Marken nicht eingetragen werden, die nur aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ob eine Ortsangabe geeignet ist, die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, hängt Markenrecht: Kein Freihaltebedürfnis für bekannte Ortsangabe aus Kinderbuch weiterlesen

Markenrecht: Verletzung einer Gemeinschaftsmarke durch Keyword-Advertising

OLG Hamburg, Urteil vom 22.01.2015 – 5 O 271/11 „partnership“ –

Die Klägerin ist Inhaberin der EU-Wortmarke „PARSHIP“. Sie störte sich an der Verwendung dieser Marke als Keyword im Rahmen einer Google AdWords-Anzeige durch die Beklagte und klagte dagegen unter anderem auf Unterlassung. Bei Eingabe des Begriffs „Parship“ in der Google-Suchleiste erschien in einem räumlich getrennten und als Anzeige gekennzeichneten Bereich rechts von der Trefferliste folgender Anzeigentext: Markenrecht: Verletzung einer Gemeinschaftsmarke durch Keyword-Advertising weiterlesen